Young Europe in Youth centre
„Young Europe in Youth centre“ ist ein Freiwilligendienstprojekt in Bulgarien.
Unsere Freiwillige Belinda leistete diesen Dienst dort anfangs in einem Jugendzentrum in Haskovo. Dann engagierte sie sich in verschiedenen Einrichtungen. Hier ein ausführlicher und sehr ehrlicher Bericht von ihr:
Es ist schwer in Kürze zu beschreiben wie es mir geht, was ich so mache und ob es mir hier in Bulgarien gefällt. Nach meinen mittlerweile schon zweieinhalb Monaten hier in Bulgarien fällt es mir schwer ein Fazit zu ziehen. In meinem Bericht habe ich einfach einige Situationen beschrieben und versucht einen generellen Überblick über meinen Aufenthalt hier zu geben.
Ich wohne zusammen mit Lisa, einer französischen Freiwilligen, in einer minikleinen Wohnung in einem Wohnheim in der Kleinstadt Haskovo. Anfangs hatte ich ziemliche Angst, dass ich mich nicht mit Lisa verstehe und es ganz furchtbar wird mit ihr zusammen zu wohnen, doch diese Angst war unbegründet. Wir verstehen uns prima. In manchen Situationen brauchen wir nicht einmal Worte um zu kommunizieren. Da wir beide Fremde in Bulgarien sind und nicht vertraut mit den Sitten, Gebräuchen und dem Verhalten der Leute brauchen wir uns manchmal nur anschauen und wissen was die andere denkt.
An einige Dinge hab ich mich mittlerweile gewöhnt, jedoch erleb ich jeden Tag etwas Neues und werde immer wieder aufs Neue überrascht.
Es gibt Dinge die sind wunderbar und gefallen mir sehr gut und es gibt wiederum auch einige Sachen, die mich sehr stören und mir schlechte Laune bereiten. Die schlechten Sachen sind aber zum Glück meist nur kurze Ärgernisse die relativ schnell wieder vorbei sind.
Ich denke insgesamt geht es mir sehr gut.
Ich erlebe viel, treffe neue Leute, entdecke neue Orte im wunderbaren Land Bulgarien und genieße die Zeit hier.
Manchmal entdecke ich auch Gefühle in mir die ich nie vorher gespürt habe.
Ein sehr merkwürdiges, schwer zu beschreibendes Gefühl, welches ich erst kürzlich entdeckt habe, ist das Gefühl das ich nach einem Theaterbesuch fühlte. Ich hatte von dem Stück absolut nichts verstanden, was größten Teils daran lag, dass ich die Sprache in der die Schauspieler sprachen nicht verstand. Jedoch konnte ich auch nicht durch die Handlung auf der Bühne erkennen worum es ging. Nachdem ich den Saal vorzeitig verließ weil ich‘s einfach nicht mehr aushalten konnte war ich völlig durcheinander. Ich war verwirrt, irgendwie etwas verzweifelt, nicht fähig zu Konversation, da ich für einige Zeit keine verständlichen Sätze bilden konnte, auch war ich traurig aber im gleichen Moment hätte ich auch schreien und loslachen können. Es war als hätte sich mein Gehirn einfach für einige Zeit ausgeschaltet.
Ich hab mich mittlerweile daran gewöhnt, dass ich nicht alles (meistens nur einige Wörter und Sätze in einem ganzen Gespräch) verstehe wenn sich jemand in Bulgarisch unterhält.
Es ist irgendwie völlig normal für mich geworden, das ich einfach zuhöre und versuche das Thema eines Gespräches rauszufinden. Am Anfang meines Aufenthaltes war dieses völlige nix verstehen schwer für mich. Ich war gewohnt die Sprache der Menschen um mich herum verstehen und mich verständlich machen zu können.
In einem Raum zu sein, nichts zu verstehen und nur begrenzte Möglichkeiten zu habe einem nicht englisch sprechenden Bulgaren klarzumachen was ich gerade von ihm oder ihr will, weckte in mir das Gefühl ein kleines, sprachbehindertes Kind zu sein.
Die Tatsache das ziemlich viele Bulgaren denken man verstehe sie (besser) wenn sie ihre Sätze mehrmals wiederholen und bei jeder Wiederholung lauter werden ist für das sprachbehindert sein Gefühl nicht gerade förderlich. Ich fühlte mich (und fühle mich manchmal immernoch) viel unwohler wenn ich auch nach einem halb geschrienen Satz noch sagen muss „Ne rasbiram“.
Nun etwas zu meiner Arbeit hier:
Ich sollte eigentlich im Jugendzentrum arbeiten, doch die Leute dort haben keine konkreten Vorstellungen was ich als Freiwillige in ihrer Organisation eigentlich tun soll.
Ich wurde anfangs gefragt ob ich im Ethnografieclub mitarbeiten wolle. Ich sagte natürlich ja, doch wusste ich nicht, dass die Leiterin dieses Kurses kein Englisch sprich. Nach einigen Besuchen ihres Clubs und unzähligen Versuchen mit ihr zu kommunizieren, gab ich auf. Diese Frau ist in keinster Weise daran interessiert, dass ich ihren Club besuche und versuche ihr zu helfen.
Da die Leute im Jugendzentrum sich nicht um uns kümmern, uns keine Vorschläge machen was wir tun könnten und sich nur ab und zu an uns erinnern, haben Lisa und ich angefangen zusammen mit Lily, unserer Bulgarischlehrerin, die ihre eigene Organisation hat und ihren Freiwilligen zu arbeiten.
Ich bin ja schließlich nicht in Bulgarien um einfach nur da zu sein und nichts zu tun! Ich will etwas für und mit den Kindern und Jugendlichen hier tun!
Die Arbeit ist nicht strickt festgelegt und so kann ich mir meine Aufgaben größtenteils selber suchen, eigene Vorstellungen einbringen, sowie Projekte und Aktionen mit lokalen Kindern und Jugendlichen durchführen.
An drei Nachmittagen in der Woche gehe ich in ein Waisenhaus für Kinder zwischen 6 und 12 und verbringe dort den einige Zeit mit den Kindern. Zusammen mit anderen Freiwilligen, sowohl Bulgaren als auch weiteren EVS-Freiwilligen, denke ich mir Aktivitäten für die Nachmittage aus. Teilweise ist es sehr stressig und anstrengend mit den Kindern zu arbeiten, aber die meiste Zeit macht‘s Spaß.
Auch gehen wir zwei Mal in der Woche vormittags in eine Schule für Behinderte Kinder und Jugendliche und am Nachmittag in einen Kindergarten. Dort malen, basteln und spielen wir mit den Kindern.
Obwohl ich nicht alles verstehe was mir die Kinder in den verschiedenen Einrichtungen erzählen finden wir immer einen Weg um zu kommunizieren. Es ist wunderbar die strahlenden Gesichter der Kinder zu sehen nachdem sie sich beim spielen völlig ausgetobt haben oder allen stolz die Dinge präsentieren die sie gerade gemalt oder gebastelt haben. Das Lachen, Grinsen und die Freude der Kinder sind das beste Feedback. Es gibt mir das Gefühl etwas wirklich Sinnvolles zu tun.
Auch geh ich ab und zu in einige Deutschklassen am Sprachengymnasium. Es macht Spaß sich mit den Schülern zu unterhalten und ihnen zu helfen indem ich einfach etwas in meiner Muttersprache erzähle. Die meisten Schüler sind ziemlich gut in Deutsch und so ist es möglich richtig interessante Konversationen mit ihnen zu führen. Auch sind die Lehrerinnen meist sehr freundlich und freuen sich immer wenn ich Zeit und Lust habe mit in ihren Unterricht zu gehen. In meiner letzten Stunde in einer 9. Klasse hab ich mich fast wie eine richtige Lehrerin gefühlt. Es ging um das Thema Arbeit. Da die Schüler sehr daran interessiert sind wie das Leben in Deutschland so ist habe ich ihnen eine Zeitung mitgebracht in der es passenderweise gerade um das Thema Arbeit ging. Ich hab aus der Zeitung vorgelesen, Fragen zu Vokabeln beantwortet und musste dann auch noch einige Wörter an die Tafel schreiben. Für mich ist es merkwürdig vor einer Klasse zu stehen, etwas in einer Sprache zu erzählen über deren Gebrauch ich nicht nachdenken muss, da ich mit ihr aufgewachsen bin, und die Schüler freuen sich darüber und lernen etwas dabei.
Meine Zeit in Bulgarien ist alles in allem ein wunderbar-fantastisches Abenteuer. Ich bin froh und bereue es nicht, dass ich so mutig (und vielleicht ein kleines bisschen verrückt war) in ein Land zu gehen von den ich vorher nur wusste, dass die Hauptstadt einen Mädchennamen trägt.
Ich bin sicher, dass ich in den nächsten Monaten noch weitere Abendteuer erlebe, weitere Wunder der Bulgarischen Landschaft entdecken darf, mehr Bulgarisch lerne, weitere nie zuvor gefühlte Gefühle spüre und mit unglaublich vielen neuen Eindrücken, Ideen und einigen neuen Freundschaften wieder nach Hause kommen werde.