Un an autrement ! An EVS and beyond !
„Un an autrement ! An EVS and beyond !“ ist ein Projekt in Amiens/Frankreich. Der Projekttitel ist erstmal etwas irreführend, denn es geht kein ganzes Jahr, sondern 4 Monate. Allerdings kommen in dem Projekt nicht wenige Freiwillige zusammen. Unser Freiwilliger Johannes hat einen schonungslosen und sehr ehrlichen Bericht geschrieben und bemängelt auch nicht wenige Dinge. Kommt aber erfreulicherweise zu einem guten Fazit. Lest selbst was da so los ist!
Mein Projekt in Amiens, Frankreich geht für insgesamt fast vier Monate. Momentan bin ich etwa bei der Hälfte des Projektzeitraums angekommen. Ziel ist es die Kinder und Jugendlichen durch Interventionen (Präsentationen der eigenen Länder, der EU, des EFD; Spiele in verschiedenen Sprachen) in Schulen dazu zu bringen, selbst eine Auslandserfahrung anzustreben, da gerade in dieser Region viele Jugendliche die Frage nach etwaigen Reisen ins Ausland verneinen bzw. wenn doch, deren Ziele häufig knapp hinter der französischen Grenze, in manchen Fällen auch nur hinter jener der eigenen Stadt liegen.
Ursprünglich sollten dazu 27 Freiwillige aus allen Ländern der EU (-1?) sich in Amiens einfinden und ein europäisches Dorf bilden. 13 sind es letztendlich geworden, was für den bisherigen Verlauf des Projektes im Endeffekt aber sogar ein Vorteil gewesen ist. Schon vor dem eigentlichen Start des Projektes erwies sich die Kommunikation mit der Aufnahmeorganisation nämlich als schwierig. Zwei Tage nachdem ich die Bestätigungsmail für das Projekt erhalten hatte, verabschiedete sich das Team in die Ferien, ohne allerdings verlauten zu lassen, wie lange diese andauern würden, und meldeten sich erst wenige Tagen vor dem eigentlichen Projektbeginn wieder. Dies führte dazu, dass einige Freiwillige gar nicht, andere erst verspätet anreisen konnten und viele nun Probleme mit der Einhaltung ihrer Reisebudgets haben. Für dieses Problem gibt es auch circa eineinhalb Monate vor Abreise noch keine Lösung. An diesem Zustand hat sich auch nach der Ankunft in Amiens nichts geändert. Die ersten drei Tage gab es keinerlei Informationen oder generell Versuche der Kontaktaufnahme durch die Organisation und auch die Arbeit im Büro war während des gesamten ersten Monats eher unproduktiv: Kein WLAN, zu wenig Platz und dann der Arbeitsauftrag: «Fertigt eine Präsentation zu eurem Land an». Zeit dafür: Ein ganzer Monat. Während dieser Zeit: Keine Interventionen, keine Debatten, keine Veranstaltungen, drei freie Tage die Woche, viel herumsitzen, viel Zeit totschlagen. Es schien mehr so, als hätte jemand eine gute Idee gehabt, im Zuge des 20-jährigen Jubiläums des Europäischen Freiwilligendienstes junge Menschen aus allen Ländern zusammenzubringen, sich aber nicht konkret überlegt, wie man diese 13+ Freiwilligen effektiv einsetzen oder zumindest beschäftigen könnte. Für Projekte mit einer Laufzeit von einem Jahr ist solch eine lange «Eingewöhnungsphase» sicherlich kein großes Problem. Wenn das gesamte Projekt aber nur knapp unter vier Monate lang ist, handelt es sich eben aber um mehr als ein Viertel der Zeit, die dadurch verloren geht, was einfach sehr schade ist. Die Fülle von Problemen, der wir in der bisherigen Zeit begegnet sind, könnten für sich genommen diesen Bericht bereits zur Genüge ausfüllen, sei es die Unterkunft ohne vernünftige Verbindung zum Stadtzentrum und zum Büro, die zögerlichen Erstattungen von Ausgaben, die Unzuverlässigkeit in der Ausgabe des Essensgeldes oder die Tatsache, dass drei Freiwillige Anfang November im doch recht kalten Amiens seit nunmehr fünf Tagen ohne Heizung und Warmwasser leben. Noch viel schwerer wiegt aber, dass diese Probleme auch nach Weitergabe an das Organisationsteam gar nicht oder nur unzureichend gelöst werden.
Aber genug der Kritik. Es gibt nämlich trotz aller negativen Aspekte einiges was für das Projekt und den EFD als Ganzes spricht:
Nie habe ich so viele coole und weltoffene Menschen getroffen, die sich trotz aller kulturellen Unterschiede, größerer Altersunterschiede und unterschiedlicher sozialer Hintergründe so gut verstehen und bereit sind zusammenzuarbeiten. Die Diskussionen über die Zukunft der EU, die Dinge, die ich über andere Länder und Lebensarten gelernt haben machen das Projekt allein schon lohnenswert. Wir haben jetzt auch deutlich mehr zu tun, die Interventionen in den Schulen machen Spaß und erlauben mir meine Französischkenntnisse und Präsentationsfähigkeiten zu verbessern. Zudem habe ich auch das Gefühl tatsächlich etwas zum Projektziel beizutragen. So konnten wir bereits einige Jugendliche überzeugen auch einen EFD zu machen und bei vielen einen Denkprozess auslösen, sich überhaupt einmal mit der Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes auseinanderzusetzen. Und dann sind da natürlich noch die ganz offensichtlichen Vorteile des EFD: Die Möglichkeit über einen längeren Zeitraum in einem anderen Land zu leben ohne dass dies mit großen Ausgaben verbunden ist, eine Fremdsprache aufzufrischen bzw. in meinem Fall quasi neu zu erlernen, autonom zu leben und Selbständigkeit zu erlernen, sowie eigene Projekte zu entwickeln und neue Menschen kennenzulernen. Alles in allem bereue ich die bisherigen zwei Monate deshalb ganz und gar nicht und sehe auch den verbleibenden Wochen mit Freude entgegen.
Die Erfahrungen, die ich in so kurzer Zeit bereits machen konnte und durfte übertreffen alles, was ich in einem vergleichbaren Zeitraum zu Hause oder an der Universität hätte erleben können. Letztendlich will ich daher den EFD uneingeschränkt empfehlen, denn es gibt schließlich nichts zu verlieren und wenn Probleme auftauchen, so bringen diese in ihrer Lösung ja doch auch immer eine Lernerfahrung mit sich.