Tierra y Vida
Wir hatten mal wieder Freiwillige im Kurzzeit-Freiwilligendienst in der Tabernas – die Wüste im Süden Spaniens. Hier zunächst ein Bericht unserer Freiwilligen Alina, die sich dort für 2 Monate aufhielt. Wirklich sehr lesenswert und authentisch geschrieben! Danach folgt der kurze, schöne Bericht von Carolin, die auch zur gleichen Zeit dort ihren Dienst leistete. Los geht’s:
Im Rahmen des Projektes „Tierra y Vida“- übersetzt Erde und Leben habe ich zwei Monate in Andalusien im Süden Spaniens verbracht.
Etwa eine Stunde entfernt von der spanischen Küste bei Almería liegt ein kleines Dorf namens Lucainena de las Torres, das angrenzend an Tabernas zum einzigen Wüstengebiet Europas gehört.
„Oasis Al Hamam- Cortijo los Baños“, mein Zuhause für zwei Monate, ist ein Ort, der für mich schwierig zu beschreiben ist. Cortijo, so wurde es mir erklärt, ist ein spanisches Wort für eine nicht-kommerzielle Farm. Ich finde auch das Wort Gemeinschaft sehr passend.
Die anderen Freiwilligen und ich (in unserem Programm waren wir fünf Personen aus Deutschland, Belgien, Italien und Polen) haben zusammen in einer kleinen Holzhütte gewohnt.
Es gab das Nötigste – zwei Zimmer mit Betten, vielen Schlafsäcken und Decken und einer Gasheizung. Die haben wir anfangs auch gebraucht – im Februar sanken die Temperaturen nachts noch unter den Gefrierpunkt.
Wir entwickelten schnell eine Routine zusammen und deckten uns mit mehreren Schlafsäcken pro Person ein, was schonmal half.
Wir waren von Anfang an Teil der Gemeinschaft. Diese ist immer unterschiedlich groß, Menschen kommen und gehen, aber einige bleiben ein paar Jahre und wenige sogar für immer.
Im Februar waren wir meist etwa 20 Personen, ein paar davon sind Freiwillige des ESK, manche wohnen dort und bezahlen für Verpflegung, und einige arbeiten stattdessen.
Im März kamen dann für 3 Wochen 21 Freiwillige für ein Gruppenprojekt, und plötzlich waren wir fast 50. An der Atmosphäre und der Tagesroutine hat sich damit recht viel geändert, sodass die zwei Monate sehr vielseitig waren.
Eine typische Tagesroutine an Wochentagen sieht so aus:
Jeder von uns steht zu seiner Zeit auf, zieht sich an und läuft zum Ort des Morgenrituals (unsere Hütte ist etwas abseits, etwa 5-10 Minuten Fußweg).
Dort starten wir um 9 Uhr den Tag mit Darshan, was man mit einem Achtsamkeitsmantra vergleichen kann, wir machen einen kleinen Tanz oder eine kurze Meditation, lesen einen Text für den Tag vor und singen, daraufhin teilen wir die Aufgaben für den Vormittag ein und machen uns für 2 Stunden an die Arbeit.
Um 11 Uhr treffen wir uns alle in der Küche und frühstücken zusammen. Wir ernähren uns alle vegetarisch, manche von uns vegan.
Um 11:30 teilen wir erneut die Aufgaben zu, denen wir uns dann bis 14:30 widmen, bis es Mittagessen gibt.
Die anfallenden Aufgaben des Tages sind vielseitig und hängen von der Anzahl der Personen ab. Es müssen eigentlich immer die Ställe gesäubert und die Tiere gefüttert werden, ein paar Personen gehen in die Küche und bereiten die Mahlzeiten vor, andere arbeiten im Garten, jäten Unkraut oder pflanzen Gemüse…
Außerdem müssen regelmäßig die Palmen bewässert werden, Brot gebacken werden, ab und zu fahren Leute ins Dorf um frisches Wasser zu holen, oder es wird Seife oder Waschmittel hergestellt, etc.
Es gibt also immer reichlich zu tun.
Den Nachmittag haben wir zur freien Verfügung, abends findet aber oft Yoga statt, oder kleine Workshops, Spanisch Unterricht falls benötigt sowie Meetings für das Zusammenleben.
Etwas, von dem ich von Anfang an positiv überrascht war, ist die Anzahl der jungen Leute, und die Altersspanne. Die Koordinatoren sind alle zwischen 25 und 30, was meiner Meinung nach auch der Grund ist, dass die Kommunikation so gut ist, und alle gut vernetzt sind. Ich dachte vor Ankunft, wir wären die einzigen Freiwilligen in dieser Zeitspanne, aber es sind eigentlich immer Freiwillige da: Menschen, die einen Freiwilligendienst gemacht haben und einfach so zurück gekommen (und geblieben) sind, sowie long-term volunteers und Menschen, die zu Besuch sind.
Es war toll, so viele offene junge Leute um sich herum zu haben, die sich selbst immer weiter entdecken und entfalten, und alle waren für einander da. Man wurde einfach dafür gemocht, wie man ist, und niemand musste sich verstellen. Die Altersspanne spielte auch keine Rolle: Es sind nicht, wie ich es aus meinem Leben zum Teil kenne, zwei Gruppen aus jüngeren und älteren Leuten, zwischen denen Konflikte und Missgunst entstehen, sondern man ist Teil einer großen Familie und wird gehört.
So schön das Leben in und mit der Natur ist, so hat es auch seine Nachteile, denen man sich klar bewusst sein muss: Das Leben dort ist kein Luxus. Man teilt sich Zimmer, es ist manchmal schwierig sich zurückzuziehen oder Privatsphäre zu finden. Es ist tagsüber, wenn die Sonne scheint extrem heiß und nachts extrem kalt. Man lebt auf dem Land, das heißt wenn man etwas braucht muss man warten, bis jemand einkaufen fährt oder zum kleinen Laden im Dorf laufen. Das gesamte Leben spielt sich dort ab, wenn man am Wochenende oder an freien Tagen wohin reisen möchte muss man jemanden finden, der einen mitnimmt nach Almería.
In meinem Fall war es auch so, dass nachdem ich einen Monat da war, alle krank geworden sind, so auch ich. Wenn man so eng zusammen wohnt, teilt man eben die guten und die schlechten Dinge miteinander. Während viele schnell wieder gesund wurden, ist mein Zustand immer wieder besser oder schlechter geworden, aber auch über einen Monat hinterher, inzwischen wieder Zuhause, bin ich noch krank.
Je nach Typ kann die staubige Wüstenluft und die Kälte nachts eben schwierig sein wegzustecken.
Abschließend möchte ich noch sagen, dass ich einen Freiwilligendienst wirklich jedem ans Herz legen kann, und ich würde die gleiche Entscheidung immer wieder treffen. Ich habe so viel gelernt über mich selbst und darüber, was ich vom Leben möchte, und auch die Menschen, die ich kennengelernt habe, sind aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken.
Ich wünsche euch allen tolle Abenteuer und bedeutsame Erfahrungen!
Meine ersten Wochen im Cortijo, so nennt man hier in Andalucia eine Art von Farm oder auch Yoga-Retreat-Center, in der Leute in einer Community zusammenleben, waren sehr intensiv.
Durch nachhaltige Landwirtschaft und kreative Lösungsansätze beim Bau oder der Reparatur von Dingen versucht man hier selbständig und unabhängig vom kommerziellen Handel zu leben. Der Einklang mit der Natur steht dabei besonders im Vordergrund.
Schnell haben wir sowohl von anderen ESK-Freiwilligen, als auch von Freiwilligen der Organisation, die ebenfalls dort leben und arbeiten, gelernt, dass es solche Ecovillages überall auf der Welt gibt.
Mit insgesamt 4 anderen Freiwilligen aus Italien, Polen, Belgien und Deutschland, habe ich mir für 2 Monate ein kleines Häuschen mit Waschhaus in der Nähe mitten in der Natur geteilt. Durch unsere gemeinsame Erfahrung und das plötzlich schon recht abgeschiedene Leben, haben wir uns schnell sehr gut kennengelernt und lange Abende mit Unterhaltungen, Filmen oder Musik gefüllt.
Nach und nach lernten wir dann während der Arbeit im Cortijo und beim gemeinsamen Frühstück und Mittagessen auch die anderen Bewohner und Freiwilligen kennen, die uns sofort in die Gemeinschaft integriert und herzlich willkommen geheißen haben.
Die Arbeit war sehr abwechslungsreich und bestand aus Gärtnern, Gemüseanbau, Kochen, Tierpflege der Esel, Ponys, Hühner, Schweine und Ziegen, aber auch der Herstellung von pflanzlichen Düngern oder Insektiziden.
An den Nachmittagen haben wir in verschiedenen Workshops viel über Yoga, emotional management und das Leben in einer Gemeinschaft erfahren.
Insgesamt kann ich sagen, dass diese Erfahrung mir noch so viel mehr gebracht hat, als ich mir anfangs erhofft hatte und ich jedem empfehlen kann mit dem ESK ins Ausland zu gehen. Auch ein Gruppenprojekt von nur 3 Wochen beispielsweise kann schon wahnsinnig viel in einem bewegen, wie ich von vielen der 21 Teilnehmer gehört habe, die in meinem letzten Wochen im Cortijo mit uns zusammengelebt haben. Durch die neue Umgebung und die verschiedenen Herausforderungen während dieser Zeit, habe ich viel über mich und meine Fähigkeiten gelernt. Besonders bereichernd war es für mich so viele neue Menschen, deren Geschichten und Erlebnisse kennenzulernen, weil es mir Inspiration und Ideen gegeben hat, zu erfahren, wie andere Menschen die Welt sehen und ihren eigenen Platz darin finden.