Europa in Evreux
Oh, ein sehr schöner Bericht! Unsere Freiwillige Carla hat diesen Titel gewählt und er sagt eigentlich schon alles zum Projekt aus. Europa publik machen. In Evreux. Sie war skeptisch, hat viel erlebt und zieht welches Fazit? Lest selbst!
Hätte mir jemand vor fünf Monaten gesagt, dass ich jetzt im Zug nach Hause sitze, die Zeit an mir vorbeigesprintet ist und ich im Gepäck tausende unvergessliche Eindrücke, neue Freunde und mich in eine Sprache verliebt habe, ich hätte vermutlich ungläubig gelacht. Denn der Freiwilligendienst, den ich im Februar antrat, klang so gar nicht nach zahlreichen Freunden und abenteuerlichen Erlebnissen.
Es sollte nach Evreux gehen, eine Stadt, für mich als Hamburgerin eine Kleinstadt, in der Nähe von Paris. Das war für mich ein großes Pro-Argument, denn als ich in Evreux ankam, bekam ich erst einmal einen halben Kulturschock.
Die Stadt besteht aus einem Zentrum, das man in zehn Minuten gesehen hat, außer einem hübschen Flüsschen und einem wunderschönen Rathaus gibt es nicht viel.
Doch der Reihe nach.
Ich wurde herzlich empfangen, als ich abends aus dem Zug stolperte und mir ein „Enchanté“ abrang, dass für mich trotz sieben Jahren Französisch in der Schule fremd klang.
Am nächsten Tag ging es auch schon direkt los; meine Organisation, eine Art Informationsbüro der Europäischen Union, erklärte mir meine zukünftigen Aufgaben und ich wurde eingearbeitet.
Meine Mission war es, jungen Franzosen die deutsche Kultur näher zu bringen. Eine nicht zu bewältigende Aufgabe, war mein erster Gedanke.
Aber mit den Wochen verstand ich, was von mir gewünscht war. Die Organisation, für die ich die fünf Monate arbeiten sollte, informiert in Evreux und Umgebung über die Europäische Union – ihre Institutionen, Werte und Ziele. Auch Mobilitätsprogramme wie DiscoverEU oder den Europäischen Solidaritätskorps wie ich ihn gemacht habe, bewerben sie.
Und so wurde ich nicht nur fleißig mit in Schulen und auf Messen genommen, um Spiele zu spielen, Flyer zu verteilen und über meinen Freiwilligendienst zu erzählen. Auch erstellte ich Instagram-Beiträge über deutsche Rezepte und Traditionen, kreierte unterhaltsame Spiele und bereitete das „Café Anglais“ vor – Abende, zu denen Menschen kamen, die Lust hatten, ein bisschen Englisch zu sprechen.
Recherchen, das Designen von Einladungen und Flyern sowie Fotografieren und Filmen standen ebenfalls auf der Tagesordnung.
Natürlich war allein in Frankreich zu leben nicht immer leicht. Egal ob kulturelle Unterschiede, sprachliche Missverständnisse oder Einsamkeit, es gab auch schwierige Phasen.
In solchen Situationen rief ich Zuhause an, las mein Lieblingsbuch oder plante die nächste Reise in der Normandie. So konnte ich mich ablenken und die schönen Momente besser genießen.
Ich lernte die Normandie und andere Regionen Frankreichs kennen, traf neue Freiwillige, reiste mit ihnen umher und schloss Freundschaften. Und mit der Zeit fand ich auch den anfänglich schwierigen Draht zu meinen Kolleginnen, woraus sich Wochenendausflüge und Kochabende ergaben.
Wenn ich wohl eines mitnehme aus diesem Abenteuer, dann ist es, dass überall auf der Welt tolle Menschen herumlaufen. Dass gemeinsame Ziele zusammenschweißen, dass wenig so cool ist, wie eine neue Sprache zu beherrschen und allein sein nicht einsam sein bedeutet.
Und anders als anfangs gedacht, fahre ich jetzt mit gemischten Gefühlen zurück, freue mich auf Zuhause, aber vermisse schon ein bisschen meine Freunde und die wunderschöne Sprache. Zum Glück sind gemeinsame Sommerpläne und gegenseitige Besuche schon in der Planung. Denn schlussendlich heißt es, wie ich auf einem Seminar mit anderen Freiwilligen gelernt habe, „bis bald“ und nicht „auf Wiedersehen“.