Aprendiendo a Vivir y a Crecer en una Ecoaldea 4
Eines unser absoluten Lieblingsprojekte! In der Nähe von Sevilla. Wir haben da immer wieder Freiwillige. Abgeschieden und paradiesisch. Und wir hatten die richtige Freiwillige dort. Die das zu schätzen wusste. Hier Antonias wirklich feiner Bericht, der den Nagel sowas von auf den Kopf trifft.
Los Portales – Eine „Schwangerschaft“ am Rande der Welt
Neun Monate habe ich in Los Portales verbracht. Auf den Tag genau. Nun kehre ich zurück. Ideenschwanger. Erlebnisschwanger. Ereignisschwanger. Das ist die Geschichte einer Reise – meiner Reise – meiner „Schwangerschaft“ am Rande der Welt. Und des Neuanfangs.
„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne …“
Etwa eineinhalb Stunden von Sevilla entfernt – im Süden Spaniens – liegt Los Portales, Gemeinschaft & Ökodorf.
Seinem Namen machte es alle Ehre: Das nächste Dorf liegt 30 min mit dem Auto entfernt, auf unbefestigter Straße passiert man bestimmt sechs oder sieben „Portale“ (oder auch: Gatter ;)), eine Safari-Fahrt zwischen Stieren, Wildschweinen, Rehen, Olivenhainen und allerlei Wild hindurch, bis man schließlich Los Portales erreicht:
Hier, fernab von jeglicher Zivilisation, zwischen Ziegen, Schafen, Pferden, Schweinen, gigantischen Gewächshäusern, Bergen, Olivenbäumen, See, Wasserfall, Hunden, Kindern, selbstgebautem Windrad und einem Esel leben etwa 30 Menschen – einen Ort, den ich nun mein zweites Zuhause nennen kann.
Alles begann, als vor rund 40 Jahren ein paar französischsprachige Belgier beschlossen, dass sie gerne in Gemeinschaft leben wollten, um an sich selbst zu arbeiten und zu wachsen (Leben in Gemeinschaft = mehr Konflikte = mehr Wachstumspotenzial).
So kamen sie 1984 nach Los Portales, bauten Häuser, Küche, Bäder, Gewächshäuser, Garten, Wege, Innenhof, Wasserleitung, Windrad, Schaukel, Bäckerei … Stück für Stück kam immer mehr dazu und auch die Community wuchs: so einige Spanier schlossen sich ihnen an und schließlich auch eine deutsche Familie. Außerdem beschlossen sie, Freiwillige aufzunehmen: uns!
Gemeinsam mit einem Haufen anderer Freiwilliger verbrachte ich meine Zeit in Los Portales. Als ich ankam, waren wir noch zu dritt, zwischenzeitlich für ein Kurzzeitprojekt von 2 Monaten waren wir sogar 19, aber die meiste Zeit verbrachte ich in einer stabilen Gruppe von etwa 6-9 Leuten.
Wir lebten zusammen, arbeiteten zusammen und verbrachten unsere Freizeit gemeinsam. Vor allem, wenn man in der Mittagshitze gemeinsam Unkraut jätet und nur noch auf das Mittagessen und die wohlverdiente siesta wartet – das schweißt zusammen! So gewann ich die wertvollsten Freundschaften im Laufe meines Projekts.
Mein Arbeitsalltag, den ich selbst mitbestimmen konnte, sah in etwa wie folgt aus:
Drei Tage die Woche verbrachte ich im Garten – z.B. mit Umpflanzen, Unkraut jäten, Säen, Erde bearbeiten oder Permakultur-Beete anlegen, je nachdem, was im Garten anfiel.
Einen Tag in der Woche war ich in der Regel in der Küche – entweder kochte ich selbst für 30 Personen oder half dem Koch des Tages beim Schnippeln (man kann auch gute drei, vier Stunden nur mit Gemüse schneiden verbringen …) – alles mit frischen Zutaten aus eigenem Anbau, soweit es ging. Für meine Familie kochen ist inzwischen ein Klacks 😉
Mein persönlicher Lieblingstag war der Dienstag, el día del pan: Backtag.
Dank meiner Französischkenntnisse war ich zur Hilfe in der Bäckerei auserkoren worden und ich sollte es nicht bereuen. Jeden Dienstag buken wir 200 – 300 Sauerteigbrote, für unseren Eigenbedarf und den Verkauf in einigen Bio-Bäckereien Sevillas. Rosinenbrot, Sesambrot, Weißbrot, Sechskornbrot, Roggenbrot und glutenfreies Brot aus Reismehl – für jeden war etwas dabei 😉
Natürlich musste auch ab und an mal geputzt werden: Bad, Küche oder die Arkaden wischen (der ellenlange Korridor, den regelmäßig die Schwalben vollschissen …) Und 1 x die Woche Abwasch – na ja, was soll ich sagen? Das gehört eben zum Gemeinschaftsleben mit dazu!
Was nehme ich mit?
Mein Erfahrungsschatz besteht aus soviel mehr als nur meinen täglichen Aufgaben oder Highlights wie Ziegen melken, den Wasserfall sehen oder Sevilla besuchen – daher fällt es mir schwer, all das in Worte zu fassen. Ich will es trotzdem versuchen:
Ich habe gelernt, was es heißt, in Gemeinschaft zu leben – innerhalb der Community und mit den anderen Freiwilligen.
Ich habe gelernt, was es heißt, in Gemeinschaft zu wachsen, wie ich an mir selbst arbeiten kann, z.B. mithilfe meiner nächtlichen Träume, wie wertvoll es ist, mit anderen zu teilen, was in mir vorgeht, und was für starke Bindungen dadurch zwischen uns entstehen dürfen.
Ich habe gelernt, Eigenverantwortung zu übernehmen, mehr und mehr meine eigenen Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für mich und meine Bedürfnisse zu übernehmen.
“Be the change you want to see in the world“ – so fasste die Ausschreibung das Lernziel meines Projekts zusammen.
“I wanna be the change I want to see in the world“ – so lautet die Zusammenfassung meines Prozesses, meiner aprendizaje, in dieser Zeit.
Wie ich bei mir selbst anfangen kann, das habe ich innerhalb dieser 9 Monate gelernt (und lerne ich weiterhin). Mein Baby heißt: aprendizaje. Das ist Spanisch und heißt in etwa: ein Lernprozess, eine Reise, auf der man immer mehr dazulernt und über sich hinauswächst. Und ist das Leben selbst nicht eine aprendizaje, auf allen Ebenen?
Auf meiner ersten Fortbildung des Europäischen Freiwilligendienstes wurde mir immer und immer wieder gesagt: „Wer sich für einen Europäischen Freiwilligendienst entscheidet, der entscheidet sich für (den Beginn) einer lebenslangen aprendizaje.“
Ich bin dabei. Bist du es auch?