15 Mai

Aix-en-Provence

Beneidenswert! Wir haben eine Freiwillige im schönen Aix-en-Provence! Eine Perle im Süden Frankreichs mit reichlich Kultur und Historie. Paula hat einen tollen Bericht geschrieben und hat es wirklich gut erwischt! Sie arbeitet in einem Gymnasium. Lest selbst!

 

Die große Frage, die einen in der Oberstufe beschäftigt, ist, wie es denn danach weitergehen soll.
Für mich hat sich das im Laufe meines letzten Schuljahres glücklicherweise geklärt. Ich wollte unbedingt nach dem Abitur ins Ausland und mich engagieren, gleichzeitig aber auch nicht zu weit von zuhause weg sein. So bin ich online auf das Programm des European Solidarity Corps gestoßen.
Ein Freiwilligendienst im europäischen Ausland und von der EU gefördert, das klang perfekt für mich, sodass ich mich sofort an die Bewerbung für verschiedenste Projekte setze.
Letztendlich bin ich nun hier, in Aix-en-Provence, eine Stadt im Süden Frankreichs mit 150.000 Einwohnern, gelandet.

Mein Freiwilligenprojekt findet an einem französischen Gymnasium statt und ich bin dort in den Deutschunterrichten dabei.
Ich bereite eigene Aktivitäten für den Unterricht vor, übe mit den Schüler*innen Aussprache, Sprechen und Grammatik, erstelle Arbeitsblätter, erzähle etwas über deutsche Kultur und Geschichte und gebe für mehrere Schüler*innen Deutschnachhilfe.
Mein Arbeitsalltag ist sehr abwechslungsreich, da man mit vielen Menschen arbeitet, es immer neue Aufgaben gibt und ich manchmal sogar Schulexkursionen (zum Beispiel eine Wanderung auf die Montagne St Victoire) begleiten darf.
Die Arbeit hat mir außerdem einen sehr interessanten Einblick in das französische Schulsystem gegeben und ich fühle mich inzwischen gut in den Schulalltag integriert.
Gemeinsam mit einer weiteren deutschen und einer spanischen Freiwilligen wohne ich in einer WG, in der das Zusammenleben überwiegend angenehm verläuft.
Natürlich entstehen auf engem Raum manchmal Reibungen, aber meistens kann man die Probleme gemeinsam lösen, oder man lernt, sich anzupassen.
Mit meinen Mitbewohnerinnen habe ich mir hier in Aix eine tolle Freundesgruppe aufgebaut, bestehend aus vielen verschiedenen Nationalitäten, von Brasilien bis nach Italien. Es ist sehr schön, gemeinsame Aktivitäten, wie Bowling oder einen Spieleabend, zu unternehmen. Allerdings ist es mir bisher schwergefallen, Freundschaften mit „echten“ Franzosen zu schließen, da diese oftmals in einem bereits bestehenden Freundeskreis verankert sind.
Dadurch, dass Aix sehr lebendig ist, war es für mich aber relativ einfach, meine Freizeitgestaltung aufzubauen. Ich lerne hier unter anderem puerto-ricanische Salsa und bin Mitglied eines klassischen Chors.
Spannend ist auch zu sehen, welche Klischees über die Franzosen stimmen. Dieses Jahr hat es Frankreich auf jeden Fall mit den Streiks erwischt. Da die Regierung die umstrittene Rentenreform auf den Weg bringt, gehen derzeit fast jede Woche die Gewerkschaften auf die Straße, sodass es kein Wunder ist, wenn keine TGVs mehr von Marseille nach Paris fahren.
Das i-Tüpfelchen sind – wenn die TGVs fahren – die Reisen, die man in den Ferien unternehmen kann und durch die ich die Vielfalt Frankreichs entdecken konnte.

Die gesamte bisherige Erfahrung hat mir unfassbar viel gebracht. Ich bin selbstständiger geworden, dadurch dass man allein im Ausland ist und sich irgendwie zurechtfinden muss. Ich bin deutlicher offener geworden, durch die vielen neuen Menschen und verschiedenen Kulturen. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass ich inzwischen ziemlich flüssig Französisch spreche.
Außerdem hat mir die Zeit im Ausland auch gezeigt, die eigene deutsche Kultur und Sprache wertzuschätzen. Ich bin wahnsinnig dankbar, dieses Jahr in Frankreich verbringen zu können. Deshalb fürchte ich schon den Moment, Ende Juni, wenn es Zeit ist, Abschied zu nehmen, von meinen neugewonnen Freunden, meinen Kollegen – an dieser Stelle ein großes Dankeschön an eure Offenheit und Unterstützung -, meinem aufregenden Alltag, der französischen Sprache und der provenzalischen Sonne.
Für Menschen, die ihren Horizont erweitern wollen, aus ihrer Komfortzone heraustreten wollen und unfassbare viele neue Erfahrungen (positive wie negative, wobei die positiven in meinem Fall deutlich überwiegen) sammeln wollen, kann ich einen Freiwilligendienst mit dem Europäischen Solidaritätskorps wärmstens empfehlen.