East – West UNITED EUROPE
„East – West UNITED EUROPE“ war ein Freiwilligendienst-Projekt in Polen. Genauer gesagt in Bystrzyca Kłodzka. Nicht unbedingt ein bekannter Ort. So erging es eigentlich auch unser Freiwilligen Lotta. Aber wenn man ihren – wirklich sehr guten – Bericht liest, dann kapiert man, dass der Ort nicht das ausschlaggebende ist. Ihr Bericht ist absolute Pflichtlektüre für jemanden, der ein Freiwilligendienstprojekt sucht!
Im Oktober bin ich in Polen angekommen mit der Aussicht sechs Monate zu bleiben.
Als ich angekommen bin, habe ich mich gefragt, wie bin ich hier hingekommen?
Meine Entscheidung war sehr spontan und zwischen Bewerbung und Abfahrt waren nur ein paar Wochen und gefühlt von einen Tag auf den anderen war ich in einem fremden Land mit fremder Währung und fremder Sprache.
Mein Kulturschock war noch dazu dadurch unterstützt, dass ich aus Hamburg, also einer ziemlich großen Stadt komme und in ein Dorf mit gerade mal 700 Einwohnern gezogen bin.
Jetzt nach sechs Monaten, sieht das ganze schon wieder ganz anders aus. Das Geld ist kein Problem mehr, in einem Dorf zu leben ist in Ordnung und die Sprache klingt immerhin ein kleines bisschen vertrauter und erneut frage ich mich: Wie bin ich hier hingekommen
Gehen wir zurück zum Anfang.
Am 1.10.2018 bin ich nach einer langen Fahrt mit Bus und Bahn spät am Abend in einem kleinen Dorf in Polen angekommen.
Mein Projekt war in dem Büro der NGO Europejskie Forum Mlodziezy (EFM), das ich auch gleich am nächsten Tag besucht habe.
Ich kann mich noch gut daran erinnern wie nervös ich in der ersten Woche war. Ich wusste nicht genau was für Aktivitäten mein Projekt beinhalten würde und ich war zu schüchtern um zu fragen.
Dann hat die zweite Woche angefangen und der Spaß hat begonnen.
Das Interessante an meinem Projekt war die Diversität meiner Aktivitäten. Ich habe bei den verschiedenen Projekten der Organisation unterstützt, das heißt ich war bei mehreren Debatten, Kampagnen und Projekten wie Youth Exchanges dabei. Keine Woche war wie die davor und ich hatte dadurch eine sehr breite Lernerfahrung.
Die häufigste Aktivität war ein Projekt namens YouthMaSter.
Polnische Schulen können sich für das Projekt anmelden und dann kommen Schüler zwischen 13 und 19 Jahren zu uns (dem EFM) in ein Hotel und haben von Montag bis Donnerstag Aktivitäten, die zu ihrer persönlichen Entwicklung beitragen. Zum Beispiel über interkulturelles Lernen, Management Fähigkeiten wie z.B. Zeitmanagement und mehr.
Die verschiedenen Aktivitäten haben sehr viel Spaß gemacht und mir unheimlich viel beigebracht, aber sie waren nicht das Highlight meines Projektes. Das Highlight waren die Leute:
Ich habe mit drei anderen Freiwilligen zusammengearbeitet und mit manchmal über zehn Freiwilligen zusammen gewohnt. Das ist der Vorteil von unserem Wohnort gewesen: Kleines Dorf, aber großes Haus.
Ich habe somit Leute aus Argentinien, Uruguay, Spanien, Malta, Georgien, Frankreich, Italien, Bulgarien, Portugal und noch ein paar anderen Ländern kennengelernt. Natürlich hat das auch ein paar Herausforderungen mit sich gebracht, aber es war in erster Linie einfach nur eine tolle Erfahrung.
Nicht nur die anderen Freiwilligen haben mein Projekt ungemein bereichert, sondern auch die Leute mit denen ich zusammengearbeitet habe und meine Mentorin.
Ich habe so viel von ihnen gelernt und sie sind definitiv was ich am meisten vermissen werde, jetzt wo ich wieder nach Deutschland gehe.
Doch jetzt habe ich sehr viel Positives gesagt und ich möchte ein wenig mehr auf die Herausforderungen eingehen, die ich in meinem Freiwilligendienst überkommen musste.
Nummer 1: Die Sprache
Für alle, die es noch nicht wussten: Polnisch ist wirklich wirklich schwer! Ich meine, objektiv betrachtet ist Deutsch eine der schwersten Sprachen, unter anderem wegen unserem kompliziertem Fallsystem. Wir haben immerhin fünf Fälle! Ja… Polnisch hat sieben und dazu noch ein ziemlich kompliziertes Geschlechtersystem. Die Worte werden dann per Fall relativ stark verändert, sodass man als neuer Schüler überhaupt nicht mitkommt. Namen sind übrigens keine Ausnahme.
Dazu kommt noch die Aussprache, die mir besonders am Anfang unmöglich vorkam und auch noch nach sechs Monaten schwerfällt und die zigtausend Ausnahmen von der ohnehin schon schwierigen Grammatik.
Mit anderen Worten: Nach sechs Monaten bin ich immer noch unfähig eine sehr grundlegende Unterhaltung auf Polnisch zu führen.
Nummer 2: Projektmanagement
Je länger das Projekt lief, desto mehr wurden wir in die Planung von Aktivitäten und Projekten miteinbezogen. Einerseits war das eine gute Erfahrung, aber ein Aspekt war recht frustrierend:
Wir haben eine Idee, versuchen sie umzusetzen, arbeiten Stunden und manchmal Tage an der Idee und merken schließlich, dass sie nicht funktioniert und müssen von vorne anfangen.
Jeder, der schon mal in einer ähnlichen Situation war kennt das Gefühl so lange umsonst gearbeitet zu haben.
Aber: Aus Fehlern lernt man ja und mit der Zeit ging der Prozess immer schneller und wir wussten worauf wir achten mussten, also Hürde überwunden würde ich sagen.
Nummer 3: Sprachbarrieren
Ich bin relativ gut in Englisch und habe kaum Probleme in der Sprache zu kommunizieren und zu arbeiten, besonders nachdem ich sie sechs Monate lang hauptsächlich genutzt habe, ABER das war nicht der Fall mit ein paar der anderen Freiwilligen und definitiv nicht mit vielen der Leuten mit denen wir in Polen gearbeitet haben.
Um fair zu sein, man kann nicht wirklich erwarten, das eine Gruppe von Leuten die dreizehn Jahre alt sind (YouthMaSter) perfektes Englisch sprechen, aber es war oft sehr schwierig in großen Gruppen in einer Sprache zu arbeiten, die für niemanden die Muttersprache ist.
Hürden oder Herausforderungen wie diese können für den Moment frustrierend oder nervenaufreibend sein, aber sie sind auch die besten Lehrer. In nur sechs Monaten habe ich so viel gelernt, praktische Sachen wie neue Computerprogramme, persönliche wie eine verbesserte Arbeitsweise und auch soziale Fähigkeiten, wie ein besseres kulturelles Verständnis und Konfliktlösungsstrategien.
Ich frage mich also: Wie bin ich hier hergekommen? Zu dem Ende eines Projektes das ich nicht geplant, sondern für das ich mich spontan entschieden habe. In einem Land an das ich nie gedacht habe, wenn ich überlegt habe wohin ich reisen möchte und gefüllt mit so vielen neuen Erfahrungen und Fähigkeiten, die ich nicht erwartet habe als ich im Oktober eher halbherzig aufgebrochen bin.
Ich frage mich, wie bin ich hier hergekommen, wenn ich auf das Mädchen zurückblicke, das vor lauter Heimweh am liebsten sofort wieder umgekehrt wäre, während ich mir jetzt wünsche, dass ich etwas länger bleiben könnte.
Wie bin ich hier hergekommen? Ich denke, die Antwort ist:
Mit ein bisschen Glück und einer großen Menge Mut.