Château de Callenelle
„Château de Callenelle“ ist ein Projekt in Belgien. Die Einrichtung liegt in der Nähe von Tournai in der Wallonie, ganz dicht an der französischen Grenze. Unsere Freiwillige Anne arbeitet dort mit geistig behinderten Erwachsenen. Hier ihr wirklich sehr schöner Bericht:
„Abitur und dann?“ hieß die Veranstaltung, auf der ich zum ersten Mal vom EFD gehört habe.
…dann ab nach Belgien!
Bis ich diese Antwort geben konnte, brauchte es viele Stunden Recherche, das Schreiben von unzähligen Motivationsschreiben, viel Engagement, Geduld und Optimismus.
Da ich in meinen Wunschländern nur Absagen erhalten habe, habe ich mich irgendwann nicht mehr auf das Land konzentriert, sondern nur noch auf Projekte, bzw. offene Stellen. Letztendlich hatte ich zwei Zusagen; eine in Ungarn und eine in Belgien.
Zwar war ich auch offen für eine für mich komplett neue Sprache, es war aber schon praktisch, dass ich in der Schule vier Jahre Französisch gelernt habe und das Projekt, in dem ich jetzt bin, im französischsprachigen Teil Belgiens (Wallonie) liegt.
Untergebracht bin ich mit zwei anderen EFDlern (einem Mädchen auch aus Deutschland und einem Jungen aus Spanien) im Kloster einer gemütlichen kleinen Stadt ziemlich nah an der Grenze zu Frankreich.
Mein Projekt mache ich in einer Einrichtung für geistig behinderte erwachsene Menschen in einem etwas entfernt liegenden Dorf. Vor meiner Entscheidung, einen EFD zu machen, hatte ich ehrlich gesagt nie in diese Richtung gedacht. Ich war mir ziemlich unsicher, was ich „später“ machen will (ein Grund für die Entscheidung, einen EFD zu machen). Vielleicht Kunst studieren. Vielleicht Germanistik studieren. Aber was mache ich nach dem Studium?
Mittlerweile (ich bin jetzt seit etwa zweieinhalb Monaten hier) hat sich mein Denken (in vielerlei Hinsicht…) verändert; die Arbeit macht mir wirklich überraschend viel Spaß. Die Hälfte des Tages helfe ich beim Vor- und Nachbereiten der Mahlzeiten, helfe den Bewohnern zum Beispiel beim Anziehen oder Rasieren (wozu ich nicht verpflichtet bin) und unterhalte mich mit anderen. Die andere Hälfte des Tages besteht normalerweise aus Aktivitäten. Das sind zum Beispiel normalerweise Sachen wie Malen, Papier-Maché, spazieren gehen oder auch schwimmen gehen.
Im Moment denke ich sogar, dass ich in dem Bereich gerne später weiterarbeiten möchte.
Ich fühle mich in meinem Projekt sehr wohl; die Menschen, mit denen ich arbeite, sind supernett und offen mir gegenüber, bzw. manche auch mit der Zeit erst immer offener geworden. Die Arbeit ist so menschlich, abwechslungsreich, und ich kann auch eigene Ideen einfließen lassen.
Gerade auf der Arbeit lerne ich unglaublich gut die Sprache. An meinen ersten Tagen war ich noch quasi stumm – eine Sprache verstehen und eine Sprache sprechen sind zwei komplett unterschiedliche Fähigkeiten. Aber man war und ist sehr geduldig mit mir und bisher gab es keine folgenschweren Missverständnisse, irgendwie haben wir uns immer verstanden. Ich habe anfangs gedacht, zur Not könne ich mit Englisch weiterkommen – leider haben hier die meisten Leute Niederländisch statt Englisch in der Schule als Zweitsprache gelernt (was daran liegt, dass Belgien ein zwei- bzw. dreisprachiges Land ist), sodass der neue Notfallplan lautet: Spreche mit deinem ganzen Körper.
Klar habe ich immer noch oft Schwierigkeiten mit der Sprache, aber auf der Arbeit lerne ich viel. Außerdem sind wir bei einem online-Französischkurs angemeldet, sowie auch noch bei einem „richtigen“ Sprachkurs hier in der Stadt. Zudem haben wir einmal im Monat ein Treffen im Kloster mit allen Schwestern, Priestern, Studenten (die hier auch wohnen), …, bei dem wir alle gemeinsam zu Abend essen und uns unterhalten. Und natürlich spricht man auch auf der Straße Französisch; im Restaurant, beim Einkaufen oder wenn man nach der Arbeit zusammen mit jemandem auf den Bus wartet.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ohne den EFD (den Ortswechsel, das Leben in einem Kloster [obwohl ich übrigens nicht religiös bin], das Sprechen einer anderen Sprache, das Arbeiten in meinem Projekt, etc.) jemals in den Genuss gekommen wäre, so nah am Leben in einer anderen Stadt, in einem anderen Land teilhaben zu können.
Für mich persönlich war das die absolut richtige Entscheidung. Ich bin glücklich mit meinem Projekt, mit meiner Unterkunft, mit den Menschen, mit denen ich hier zu tun habe, mit dem Organisatorischen… und kann daher einen EFD nur weiterempfehlen. Man sollte bloß auf jeden Fall offen sein; für die andere Kultur, die andere Sprache, für neue Aufgaben, neue Menschen, die man kennenlernt und sich selbst!