Cap à Cité
„Co-animation au sein de l’association Cap à Cité“ war ein Freiwilligendienstprojekt in dem kleinen französischen Ort Etables Sur Mer in der Bretagne direkt am Meer.
Unsere Freiwillige Lisa hat dort für 9 Monate gearbeitet. Hier ein sehr schöner Bericht von ihr, der neidisch machen kann:
Wenn ich darüber nachdenke, wie viele Zufälle notwendig waren, um dort zu landen, wo ich jetzt bin, dann muss ich immer noch schmunzeln.
Bei meiner Suche nach einem Freiwilligenplatz habe ich wenig darauf geachtet, wo sich das Projekt befindet, sondern eher, um was es sich handelt. Immerhin würde ich den Großteil meiner Zeit auf der Arbeit verbringen. Daher war es mir wichtig, dass diese mir auch gefällt. Letztlich bin ich dann in Etables sur mer, Bretagne gestrandet und mittlerweile auch gelandet.
Von der Schönheit der Gegend wurde ich regelrecht erschlagen. Nicht nur die Tatsache, dass ich direkt am Strand arbeite und so jeden Tag den Ozean zu Gesicht bekomme, sondern auch die unvergleichlichen Felsenformationen und anderen Eigenheiten der Bretagne haben mich sofort begeistert. Viele sagen, dass die Bretagne eigentlich nicht Frankreich ist. Gewissermaßen würde ich das unterstreichen. Es existiert eine ganz eigene, sehr traditionsreiche und vor allem lebendige Kultur, die man wohl nur hier findet. Jeder, der neu ankommt in diesem Land, wird sofort mit allem bekannt gemacht: die bretonischen Tänze, die bei jedem Fest Noz getanzt werden, das bretonische Boule (Petanque), das Essen und natürlich auch Bretonisch an sich.
Diese Freundlichkeit, das Interesse am Anderen und die Offenheit finden sich auch in meiner Arbeit wieder. Ich arbeite für eine der zahlreichen Assoziationen in Frankreich, Cap à Cité. Diese kümmert sich um die Gestaltung des Freizeitangebots für Kinder und Jugendliche in Etables und Umgebung.
Meine Aufgaben bestehen dabei aus 2 Feldern: Animation und internationale Zusammenarbeit. Cap à Cité unterhält ein Centre de Loisirs, ein Freizeitzentrum, für Kinder von 3 bis 11 Jahren und ein Local Ado, Jugendtreff, für die 12-18 Jährigen. Mein Schwerpunkt liegt dabei auf der Arbeit mit den Jugendlichen. Das Local Ado ist zweimal in der Woche geöffnet. Ich gestalte dann mit den anderen Mitarbeitern die Nachmittage, plane Aktivitäten und bin einfach da. Hin und wieder arbeite ich auch im Centre de Loisirs mit den kleineren Kindern. Den Rest der Woche verbringe ich im Büro und organisiere internationale Austausche und Begegnungen. Meine Arbeit macht mir sehr viel Spaß, weil sie abwechslungsreich ist. Kein Tag gleicht dem anderen. Ich bin froh über dieses Gleichgewicht zwischen Jugend- und Büroarbeit. Die Zeit, die ich mit den Kindern und Jugendlichen verbringe, schätze ich sehr. Die Beschäftigung mit ihnen hat mir sehr geholfen, mein Französisch zu verbessern und, besonders am Anfang, nicht in Einsamkeit und Heimweh zu versinken. Man kann nun mal nicht traurig sein, wenn 20 lachende Kinder über einen herfallen. Außerdem hatte ich so Möglichkeit, die französische Lebensweise ganz nah und unvermittelt zu erleben und auch viele hier ansässige Familien kennen zu lernen. Etables sur mer ist zwar eine Stadt, hat aber in der Wintersaison nur ca. 2000 Einwohner (im Sommer steigert sich diese Zahl auf 10.000) und somit eher dörflichen Charakter. Daher ist es schön, Sonntags über den Markt zu gehen, die Kinder mit ihren Eltern zu treffen und für die Einkäufe dann 1 Stunde statt 10min zu brauchen.
Die internationale Arbeit liegt mir sehr am Herzen, weil sie die Ideale und Werte, die ich vertrete, unmittelbar widerspiegelt. Außerdem habe ich dort auch große Gestaltungsmöglichkeiten und kann mich und meine Fähigkeiten am einfachsten einbringen. So habe ich in den letzten Wochen Anträge für einen multinationalen Austausch und ein deutsch-französisches Workcamp hier in Frankreich ausgefüllt und geschrieben, viele Menschen angerufen, Texte übersetzt und Partnerorganisationen gesucht. Außerdem werde ich noch ein Workcamp als Dolmetscherin in Deutschland begleiten. Auf diese Austausche freue ich mich sehr und ich bin mir sicher, dass sie viele wertvolle Momente mit sich bringen werden.
Wohnen tue ich in einer kleinen 1-Zimmer Wohnung im Zentrum von Etables. Besonders am Anfang war ich darüber nicht sehr glücklich, weil es hin und wieder doch ein wenig einsam ist, so ganz allein unter Franzosen. Allerdings ist die Atmosphäre in der Assoziation sehr freundschaftlich. Es gibt insgesamt nur 3 Vollzeitmitarbeiter, alles andere sind Freiwillige. Weil alles so klein ist, sieht man sich sehr oft und unternimmt auch außerhalb der Arbeit etwas miteinander. Meine Büronachbarin meinte einmal zu mir, Cap à Cité sei „comme une petite famille“, wie eine kleine Familie, und damit hat sie mehr als Recht. Meine Kollegen sind gleichzeitig auch meine Freunde, mit denen ich an Wochenenden auf Konzerte gehe, die mich zu sich nach Hause einladen und mir die Gegend zeigen. Ich bin sehr dankbar, in dieses soziale Netz „gefallen“ zu sein, denn das gibt einem zwangsläufig das Gefühl von ein bisschen Sicherheit in der Fremde.
Mein Freiwilligendienst in Frankreich findet daher wirklich auf allen Ebenen in Frankreich statt: ich spreche Französisch, esse französisch, arbeite französisch und gestalte meine Freizeit französisch. Auch wenn das zu Beginn viel auf einmal war, bin ich jetzt sehr zufrieden, die Möglichkeit bekommen zu haben, so vollkommen in eine neue Kultur einzutauchen. Dieses Jahr ist für mich eine große Auszeit, anders als alles, was ich bis jetzt gemacht habe, und hat mir die Möglichkeit gegeben, über alles einmal grundlegend nachzudenken. Anstatt der großen Verunsicherung hat mich dadurch Gewissheit erreicht.
Die restlichen 7 Monate sind jetzt schon so verplant, dass ich manchmal das Gefühl habe, ich führe morgen schon heim. Aber eins haben mich die Bretonen mit Sicherheit schon gelehrt: Manchmal reicht es, kurz vor die Tür zu treten, aufs Meer zu schauen und tief durchzuatmen.