Building your future with EVS
„Building your future with EVS“ war ein Freiwilligendienstprojekt in den Niederlanden, genauer gesagt in Rotterdam. Unsere Freiwillige Sabrina war dort für 8 Monate. Hier ihr ausführlicher Bericht nach fast 3 Monaten:
Es mag für eine Deutsche vielleicht etwas ungewöhnlich sein – nicht nur aufgrund der Rivalitäten beim Fußball – aber wenn es ein Land gibt, in dem ich schon mein ganzes Leben lang leben wollte, dann sind es die Niederlande; wenn ich gefragt wurde, welche Sprache ich am liebsten lernen wollen würde, war es immer niederländisch. Deshalb ist für mich wirklich ein Traum in Erfüllung gegangen, als ich die Zusage bekam, acht Monate bei der Lava Legato Foundation in Rotterdam meinen Europäischen Freiwilligendienst ableisten zu dürfen.
Lava Legato ist eine Organisation, die Freiwilligenarbeit und pädagogische Maßnahmen in den Stadtteilen Feijenoord und Delfshaven organisiert. Diese Stadtteile gelten nicht nur in Rotterdam, sondern innerhalb der gesamten Niederlande als äußerst problematische Bezirke, so dass hier eine Vielzahl an Projekten nötig ist, welche den sozialen Zusammenhalt in diesen Vierteln stärken und insbesondere Kinder aus niedrigeren sozialen Schichten unterstützen sollen. Deshalb arbeiten wir auch nicht nur in einem konkreten Projekt, sondern sind während der Woche in vier bis fünf Maßnahmen aktiv.
Zweimal pro Woche arbeite ich an der Basisschool De Wissel in Feijenoord, in der wir zur Mittagszeit bei der Essensausgabe helfen und die Kinder anschließend in der Pause betreuen. Im Anschluss geht es meist weiter zu „Thuis op Straat“, einer Organisation, die in Feijenoord eine Reihe von Außenaktivitäten für die Kinder aus der Nachbarschaft organisiert, oder zum YOU-Atelier, einer Einrichtung die Nachmittagsbetreuung für Kinder anbietet.
Des Weiteren arbeitet die Lava Legato Foundation eng mit der Praktijkschool Huismanstraat zusammen. Häufig ist es für diese Schüler schwieriger als für andere, Verpflichtungen einzuhalten, sich zu konzentrieren und die Aufgaben beispielsweise an einem Praktikumsplatz selbstständig zu erfüllen. Im Rahmen meines Projektes begleite ich dabei einen Schüler zu seinem Praktikumsplatz, um ihn dort zu unterstützen. Außerdem stellen wir zusammen mit den Schülern und unseren Koordinatoren die „Rotterdamsche Confituur“ her, wodurch die Jugendlichen praktische Erfahrung in der Küche sammeln können.
Insgesamt sind wir sechs EFD-Freiwillige in der Lava Legato Foundation, wobei wir in zwei verschiedenen Appartements leben. Ich wohne zusammen mit einer Spanierin, einer Französin und einem Türken direkt im Stadtteil Feijenoord. Anfangs ist es natürlich ein Abenteuer mit verschiedenen Nationen in eine WG zusammengewürfelt zu werden, allerdings sind wir in der glücklichen Situation, wirklich Freunde geworden zu sein, sodass das Zusammenleben mehr als angenehm ist und man sich auch wirklich wie Zuhause fühlen kann.
Doch neben der Arbeit in den Projekten bleibt noch genug Zeit, um die niederländische Kultur zu erleben und das Land zu erkunden. Rotterdam ist nach Amsterdam die zweitgrößte Stadt der Niederlande und beindruckt vor allem durch die Skyline mit der Erasmusbrücke und dem Euromast, sowie durch den größten Seehafen Europas. Außerdem hat sich die Stadt vor allem als bedeutende Architekturstadt weltweit einen Namen gemacht, da sie nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg fast komplett neu errichtet werden musste und man nun überwiegend auf neue, innovative Baukunst blickt. Die Bevölkerung in Rotterdam ist sehr multikulturell, über 40% der Einwohner haben einen Migrationshintergrund. Außerdem ist in den Niederlanden alles wesentlich informeller als wir Deutschen es gewohnt sind. So spricht man kaum jemanden mit „Sie“ an und auch das Verhältnis zu unseren Projektkoordinatoren ist sehr freundschaftlich.
Da die Niederlande flächenmäßig nicht sehr groß sind, ist man glücklicherweise in kurzer Zeit an Orten wie Amsterdam oder Den Haag, sodass man an den Wochenenden mit dem Zug andere Städte besuchen und am selben Tag noch zurückreisen kann. Die Niederlande sind aber nicht nur klein, sondern vor allem auch vorwiegend sehr flach, sodass das Fahrrad hier das Fortbewegungsmittel Nr. 1 ist. Hier fährt man wirklich immer, überallhin und vor allem bei jedem Wetter mit dem Fahrrad, sodass auch wir hier fast ausschließlich damit unterwegs sind. Allerdings sollte man dabei vor allem für das niederländische Wetter gewappnet sein, denn seit ich hier bin, sind Tage ohne Regen eine Ausnahme. Manchmal ist er vorhersehbar, oft kommt er vollkommen unvorbereitet an einem eigentlich sonnigen Tag – deshalb sind wir hier alle mit guten Regenjacken ausgerüstet, um auf dem Fahrrad noch einigermaßen trocken ans Ziel zu kommen.
Wenn man ins Ausland geht, ist die Sprache natürlich kein unbedeutender Aspekt. In den Niederlanden sprechen die meisten Menschen Englisch, was sowohl ein Vorteil, als auch ein Nachteil sein kann. Zum einen kann man sich ohne Probleme verständigen, zum anderen hat man weniger Motivation, die eigentliche Landessprache zu lernen. Natürlich sieht man als Deutscher diesen Aspekt in den Niederlanden von einer anderen Seite, da man von Anfang an viel versteht ohne sich vorher mit der Sprache auseinandergesetzt zu haben. Allerdings kann man aber natürlich nicht aus dem Stegreif kommunizieren. Den Großteil meines Niederländisch lerne ich in den Projekten und quasi „auf der Straße“, im organisationsinternen Sprachkurs wird den deutschsprachigen Muttersprachlern ein Buch auf Sprachniveau B2 zur Verfügung gestellt, sodass ich mittlerweile, nach zweieinhalb Monaten in der Lage bin, mich gut zu verständigen und Gespräche zu führen.
Ich glaube, man nimmt das meiste aus seinem EFD mit, wenn man lernt, kleine Erfolge im Alltag schätzen zu lernen, wenn man Freundschaften schließt und wenn man bemerkt, wie sehr man sich während der Zeit im Ausland weiterentwickelt. Auch nach diesen wenigen Wochen kann ich bereits sagen, dass mich Rotterdam – mit allen Höhen und Tiefen – jetzt schon mehr verändert hat, als ich es je für möglich gehalten hätte. Sicher ist der Unterschied zwischen den Niederlanden und Deutschland nicht so groß wie zu anderen Ländern. Dennoch ist man mit einer fremden Sprache und Kultur konfrontiert, man lebt in einer neuen Umgebung, zusammen mit Menschen aus anderen Nationen, man arbeitet in Projekten, in denen man seinen eigenen Teil dazu beitragen kann, dass sich etwas an der Situation verbessert, und man sammelt wahnsinnig viele Eindrücke und Erlebnisse innerhalb kurzer Zeit, sodass man viele Dinge mit anderen Augen sieht. Und letztendlich ist es das, was den Europäischen Freiwilligendienst für mich ausmacht – „It’s not just about seeing new places, it’s about having new eyes“.