VOUCH
„VOUCH – VOlunteers for yoUth, Child and Health care“ war ein riesiges Freiwilligendienstprojekt in verschiedenen Ländern weltweit. Wir hatten 2 Freiwillige in diesem Projekt. Einen jungen Mann in Uganda und eine junge Frau in Ghana. Unser Freiwilliger Philipp war für ein Jahr in Uganda. Genauer gesagt in Tororo an der Grenze zu Kenia. Hier sein sehr interessanter Bericht.
Daran anschließend der Bericht von Karoline, die für den gleichen Zeitraum in Ghanas Hauptstadt Accra ihren EFD leistete. Auch sehr aufschlussreich!
Hier hat die Trockenzeit angefangen. Die Gewitter haben aufgehört, es regnet höchstens noch einmal pro Woche.
Anfang des Monats war ich in Kampala. Einmal jährlich pilgern viele Menschen aus Uganda und umliegenden Ländern am Tag der Märtyrer, 3. Juni, in die Märtyrerkirche in Namugongo, Kampala. In den Zeitungen stand von alten Frauen, die hunderte Kilometer laufen, um an diesem Gottesdienst teilzunehmen. Ich hatte mir nicht so viel Zeit für die Reise genommen und bin mit dem Matatu (ein Kleinbus mit etwa 15 Plätzen, meistens überfüllt) nach Kampala gefahren und habe nur die letzten sechs Kilometer auf meinen Füßen zurückgelegt. Dann stand ich mit etwa einer Million Menschen auf einer grünen Wiese. Ich wurde nicht die ganze Zeit zusammengedrückt und hab einen vierstündigen Gottesdienst gefeiert. Das war dann doch ein wenig lang und zwischendurch hatte man eher den Eindruck Picknickwiese statt Gottesdienst, aber im Großen und Ganzen war es ein sehr interessantes Erlebnis.
Danach meinte mein Chef, ich soll doch noch ein wenig länger dort bleiben, vielleicht bis Donnerstag oder Freitag. Und so hab ich mir dann bis Freitag oder Samstag erklären lassen, wie die Finanzen der Schule funktionieren, um die ich mich ab jetzt kümmern darf. Als ich dann Samstag oder Sonntag nach Hause gefahren bin, war ich dann aber froh wieder in Pajwenda zu sein, hier fahren keine Autos und man kann mit jedem auf der Straße reden, wenn man will.
Meine Freizeit nutze ich auch dazu, ins Dorf zu gehen und mit den Menschen auf der Straße zu sprechen. Mein Dhupadhola ist noch nicht viel besser geworden. Im Dorf hab ich Billiard gespielt, heute hab ich mich bei einem Kartenspiel dazugesetzt. Außerdem finde ich manchmal sogar Zeit, die Gegend zu erkunden, vor zwei Wochen war ich mit den Nachbarkindern wandern und morgen wollen wir das wiederholen. Letzte Woche haben sich dann die Lehrer gefreut, denn ich habe ihnen ihr Gehalt gezahlt. Dann war ich noch damit beschäftigt, Schüler in die Schule aufzunehmen und Profile von ihnen für unsere Sponsoren anzufertigen. Am Donnerstag hatten wir einen Pastor und seine Frau aus den USA zu Gast, welche mit unseren Schülern über Gott und die Welt sprechen wollten. Danach wurde wie jeden Donnerstag debattiert (Feldarbeit ist besser als Schulbildung, Mutter ist besser als Vater, diese Woche Polygamie ist besser als Monogamie), aber eigentlich geht’s darum, dass die Schüler lernen, frei Englisch zu sprechen. Danach wurde ausgewertet, welche Seite die besseren Argumente hatte. Manchmal gewinnt sogar die richtige Seite.
Vor zweieinhalb Wochen war unsere Englischlehrerin krank und da dachte ich mir, bevor die Schüler gar nichts lernen, vertrete ich sie in ihrer Stunde. So habe ich vollkommen unvorbereitet eine Englischstunde gehalten. Ich weiß nicht ob die Schüler danach mehr über Lokalpräpositionen wussten, mir war auch nicht wirklich klar, dass ich darüber etwas weiß. Auf jeden Fall hat es allen gefallen. Die Frage an den Lehrer, nach Ende der Schulstunde noch weiter zu unterrichten wäre mir als Schüler in Englisch nicht gekommen, vielleicht in Mathe.
Die Anzahl unserer Schüler steigt weiter, ich zähle mittlerweile 76, wobei am Dienstag 69 da waren, am Freitag nur noch 48. Wenn ich rausgefunden habe, warum die Anwesenheit so schlimm ist bin ich schlauer. Etwa 5 Schüler unserer Näherinnenklasse mussten die Schule wieder verlassen, weil sie ungeplant schwanger geworden sind. Wir haben am Montag eine Radiowerbung geschaltet, so dass wir vielleicht doch noch am Ende 100 Schüler haben.
Viele liebe Grüße aus Uganda,
Philipp
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Ghana wird nicht umsonst “Africa for Beginners” genannt. In der Haupstadt Accra findet man alles was das “Obruni-Herz” begehrt, wie Weisse bzw. Ausländer, sprich Nicht-Afrikaner, hier bezeichnet werden. Von exklusiven Clubs à la London, Paris und München, über indische, chinesische und italienische Restaurants bis hin zu Multiplex-Kinos, internationalen Supermärkten und Strandbars.
Ghana ist das gastfreundlichste Land, das ich bis jetzt bereist habe. Man wird überall mit offenen Armen empfangen und meine bescheidenen Versuche mich zu integrieren werden mit Applaus und Staunen wahrgenommen.
Greater Accra ist sehr cosmopolitan und die Locals drücken gern mal beide Augen zu, wenn Besucher in kulturelle Fettnäpfchen treten.
Die andere EVS-Freiwillige in VOUCH und ich befinden uns in einem der Außenbezirke von Greater Accra, ca. eine Stunde Fahrt vom Stadtzentrum. Auf dem Weg dahin durchquert man eine Reihe von belebten Communities auf deren Märkten ein eifriges Treiben herrscht. Das öffentliche Verkehrssystem ist hervorragend und zuverlässig – Minivans, sogenannte “Tro-Tros” und “shared Taxis” verbinden sogar die abgelegensten Orte miteinander.
In den ersten 3 Monaten haben wir uns hauptsächlich im Klassenraum zweier Grund- bzw. Oberschulen aufgehalten: Als vollwertiges Mitglied des Lehrerkollegiums unterrichte ich ICT, Sport, Mathe, English Grammatik, Essay Writing und Science. Die Schüler meiner Klassen sind zwischen 11 und 16 Jahre alt. Obwohl die beiden Schulen Privatschulen sind und die Eltern Gebühren zahlen, fehlt es ihnen nicht nur an Mitteln und Resourcen wie Computern, Büchern, Fussbällen, sondern auch soliden Wänden, Dächern, Elektrizität, Wasser und Toiletten. Das Unterrichten macht mir sehr viel Spass, ist aber sehr anstrengend: Mein Tag beginnt meist um 4 Uhr morgens, wenn ich die Gunst der frühen Stunde und des schnelleren Internets nutze, um meine Lessons vorzubereiten. Der Unterricht fängt um 8 Uhr an, jedoch sind die meisten Schüler schon ab 6.30 Uhr in der Schule zum Saubermachen, Wasser holen, Beten und Silence Hour. Je nach Wochentag habe ich entweder um 16 oder 17 Uhr Schluss, ab und zu bleibe ich sogar bis 18 Uhr und bereite die Seniors für ihre Abschlusprüfungen vor.
Das Bildungssystem in Ghana ist sehr unterschiedlich im Vergleich zu Europa: Schüler lernen alles auswendig aus den Büchern ohne den Inhalt richtig zu verstehen oder in der Praxis anwenden zu können. Dem System fehlt es an Kreativität und Innovation. Der Unterricht ist “teacher-centred” und involviert die Schüler nur wenig. Oft schreiben die Schüler seitenweise monoton von Büchern ab, der Inhalt wird oft nicht vermittelt. Ich verbringe sehr viel Zeit mit der Vorbereitung meines Unterrichts, den ich so kreativ und amüsant zu gestalten versuche wie möglich.
Später am Abend sind wir meist in der Community aktiv, spielen mit den Kindern, machen mit ihnen Hausaufgaben, sitzen bis spät im Büro und unterstützen andere Projekte unserer Organisation.
Seit kurzem kommen auch meine administrativen Fähigkeiten zum Einsatz beim Entwickeln von Business Proposals für neue Projekte, Übersetzungen und Berichten. Zudem empfangen wir eine Reihe von großen Gruppen von Freiwilligen über den Sommer verteilt, deren Besuche wir koordinieren.
Alles in Allem habe ich mich sehr gut eingelebt, habe die Kultur angenommen, was sich nicht nur in meiner Kleidung, meiner Sprache und meinem Verhalten widerspiegelt. Es gibt noch viel zu entdecken, zu erleben und zu lernen und ich freue mich auf die 9 bevorstehenden Monate in Ghana.