Flers Agglo
Wir haben immer einige Freiwillige in der Normandie an verschiedenen Orten. Hier kommt jetzt ein Bericht von unserem Freiwilligen Finn. Er macht seinen Dienst in einem Sozial- und Kulturzentrum in Flers. Frankreich. Alles sehr vielfältig. Aber lest selbst:
Seit 6 Monaten in Frankreich – ein Überblick
„Und was machst du da jetzt eigentlich den ganzen Tag über?“ – Diese Frage höre ich häufig von Freunden und Verwandten, wenn ich mit ihnen telefoniere oder die Chance bekomme, auch mal in die Heimat zu reisen.
„Na, ein Sozial- und Kulturzentrum eben. Ist doch eigentlich ganz einfach.“ Klar ist das für mich nach sechs Monaten Aufenthalt „ganz einfach“ zu verstehen. Vor einem halben Jahr sah das allerdings noch ganz anders aus. Als ich damals auf die Anzeige gestoßen bin, wurde meine Neugierde geweckt, da mir sich die Antwort auf diese Frage auch nicht erschließen wollte.
Wenig später durfte ich diese Einrichtung meinen neuen Arbeitgeber nennen.
Kurz gesagt arbeite ich in einer sozialen Einrichtung, der „Maison d‘activités St.Michel“, wo wir für die Bewohner kleinere Events und Ateliers organisieren.
Je nach Tageszeit und Art der Animation kommen dann vermehrt Kinder und Jugendliche oder Erwachsene und Pensionäre.
Oft sind Menschen verschiedenster Nationalitäten und Altersklassen dabei. Vorausgesetzt, es findet nicht gerade ein Fußballturnier statt. Da stürmen plötzlich alle Jungs zwischen 13 und 16 auf uns ein, um einen Platz zu ergattern.
Die Maison d’activités liegt in Flers, einer normannischen Kleinstadt im Nordwesten Frankreichs. Mit seinen knapp über 10.000 Einwohnern ist Flers eigentlich nur ein etwas zu groß geratenes Dorf.
Der Eindruck erweckt sich besonders auch dadurch, dass ich über meine Arbeit andauernd in Kontakt zu neuen Menschen stehe, die ich am nächsten Tag dann an der Kasse vom Supermarkt oder im Fitnessstudio wiedersehe.
Irgendwie kennt hier jeder jeden. Für Großstädter mag das anfangs ein seltsames Gefühl sein, doch eigentlich ist es auch ganz schön, wiedererkannt zu werden und den typisch französischen „Salut. Ça va?“-Smalltalk zu führen.
Zusammen mit zwei anderen Freiwilligen wohne ich in einem Appartement nahe des Stadtzentrums (wobei das bei 10.000 Einwohnern auch nie weiter als 5min Fußmarsch entfernt liegen könnte). Gemeinsam teilen wir uns Küche, Bad und Wohnzimmer. Dazu haben wir dann noch drei Schlafzimmer und einen Keller, wo wir unsere Fahrräder lagern können.
Sowohl mit der Wohnung als auch mit meinen Mitbewohnern habe ich ein sehr gutes Los gezogen.
Coco ist Deutscher, wir teilen ähnliche Hobbys und falls mich mal etwas wirklich bedrückt, ist es praktisch, in meiner Muttersprache darüber reden zu können.
Mit Engi haben wir außerdem eine italienische Freiwillige in unserem Haus, was mich sehr freut, da ich neben Französisch auch Italienisch spreche und mich somit super mit ihr verständigen kann.
Nach dem Abitur hatte ich befürchtet, dass ich eine der beiden Sprachen vernachlässigen müsste, doch diese Sorge hat sich zu meinem Glück nicht bewahrheitet.
Was mache ich nun also den ganzen Tag?
Vorneweg, damit es halt mal gesagt wurde und die Klischees gleich erfüllt sind: Kein Tag ist wie der andere.
Wohl die altbekannteste Aussage, mit der jeder seinen Alltag gleich etwas spannender klingen lässt. Und trotzdem hat sie irgendwo ihre Daseinsberechtigung.
Sport, Natur und Kultur sind immer dabei, natürlich verbunden mit sozialen Aspekten. Gleich als ich ankam, fand eine „semaine du goût“ statt, bei der verschiedenste Ateliers rund ums Kochen angeboten wurden.
Mit einer Gruppe ging es in den Wald zum Pilzesammeln, mit denen wir am Nachmittag dann Omelettes gemacht haben.
Ein Tag darauf bin ich mit zwei Schulklassen auf einen Apfelbauernhof gefahren. Wir haben ein deutsches Frühstück organisiert, ein Gartenfest inklusive „Discosoup“ gefeiert und viel gebacken und gekocht.
In den Schulferien bin ich oft mit Jugendlichen bei Sportevents, ob Fußball, Basketball oder im Jumphouse.
An anderen Tagen besuchen wir auch mal Schulklassen, denen wir von unseren Erfahrungen berichten und ihnen die Möglichkeiten des ESK näher bringen.
Seit einigen Wochen bin ich außerdem Teil eines Gartenprojekts, das für ein Quartier der Stadt angeboten wird. Hier gibt es überwiegend Sozialwohnungen und Großwohnsiedlungen für Menschen, denen es finanziell weniger gut geht. Umso schöner ist es zu sehen, dass wir den Anwohnern mit dem Projekt eine Freude bereiten.
Zwei Drittel meines Freiwilligendienstes sind nun bereits vergangen und schon jetzt finde ich es sehr schade, dass die Zeit bald vorbei ist.
Über den Zeitraum habe ich viele neue Freundschaften geschlossen, unvergessliche Trips gemacht, eine völlig neue Selbstständigkeit entwickelt und darüber hinaus sogar noch eine Fremdsprache gelernt.
Die restlichen Monate werde ich in vollen Zügen genießen, bevor danach das Studium losgeht.
Eine solche Chance ergibt sich vermutlich kein zweites Mal und deshalb kann ich nur empfehlen, sich das Thema zumindest mal durch den Kopf gehen zu lassen. Gerade wenn man wie ich nach dem Abitur noch unentschlossen ist, in welche Richtung es danach weitergehen soll, schenkt einem dieses Jahr Zeit, zu überlegen und sich selbst besser kennenzulernen.
Merci et Salut! 🙂