YEAH
„YEAH – Youth volunteering for Environment: Active and Healthy lifestyles“ war ein riesiges Freiwilligendienstprojekt in verschiedenen Ländern weltweit. Wir hatten 2 Freiwillige in diesem Projekt. Einen jungen Mann in Uganda und einen jungen Mann in Indien.
Unser Freiwilliger Jonas war für ein Jahr in Uganda. Genauer gesagt in Tororo an der Grenze zu Kenia. Sein Bericht dann weiter unten.
Hier erstmal der Bericht von Dustin, der für den gleichen Zeitraum in Indien seinen EFD leistete. Ja, genau, richtig gelesen: EFD. Auch mit dem europäischen Freiwilligendienst kann man bei bestimmten Projekten weltweit Dienst leisten. Hier jetzt erstmal Dustins Bericht:
Ein freundliches Hallo aus dem Süden Indiens. Seit 4 Monaten arbeite ich hier nun im Baby Sarah’s Home (BSH), einem Heim für geistig behinderte Kinder und Waisen.
Das BSH befindet sich in der Stadt Puducherry in gleichnamigen Unionsterritorium, einer ehemaligen französischen Kolonie im Bundesstaat Tamil Nadu. Mit etwas mehr als 650.000 Einwohnern ist Puducherry keine der indischen Megastädte, bietet dafür aber sowohl mildes Großstadtfeeling als auch die Möglichkeit das ländliche Indien aus erster Hand zu erleben.
Nun zu meinem Projekt: Das BSH wurde 1995 gegründet und bietet derzeit 100 Kindern ein Zuhause. Die Kinder bekommen nicht nur Nahrung, Unterkunft und medizinische Versorgung – nein, das BSH ist auch eine große Familie, in der sie mit viel Liebe und Zuneigung aufwachsen können. Das Heim wird von Stephen Joseph, dem Sohn des Gründers A.P. Joseph, geleitet. Dieser ist mit viel Leidenschaft und Hingabe dabei das Vermächtnis seines Vaters weiter zu führen. Es vergeht kaum ein Tag an dem nicht eine neue Idee um das Heim zu verbessern diskutiert wird.
Tagsüber werden die behinderten Kinder in der hauseigenen Spezialschule betreut, während der Rest der Kinder entweder auf die zum BSH gehörige Schule (Klassenstufen 1 bis 10) oder sogar auf externe Privatschulen (Klassenstufen 11 und 12) sowie Berufsschulen geht.
Um die motorischen und sprachlichen Fähigkeiten der behinderten Kinder zu trainieren bzw. zu erweitern verfügt das BSH über eine Sprachtherapie-Einheit, eine Stoffwerkstatt/Schneiderei und eine Physiotherapie-Einheit. Für die restlichen Kinder gibt es Tanz- und Karatekurse sowie die Möglichkeit Badminton- und Carrom- (ein asiatisches Brettspiel mit Ähnlichkeit zum Billard) Training zu besuchen.
Neben den genannten Aktivitäten haben wir (das YeaH-Freiwilligen-Team) in den letzen 4 Monaten einen Tanz- und einen Yogakurs für unsere beeinträchtigten Kinder auf die Beine gestellt. Erste Verbesserungen ihrer Motorik können bereits bewundert werden. Ein weiteres Projekt ist unser Gartenprojekt in dem die Kinder unter Anleitung einen eigenen Garten pflegen. Neben der Verbesserung der Feinmotorik sollen sie hier vorallem lernen Verantwortung zu übernehmen und die Freude an den Früchten ihrer eigenen Arbeit kennenlernen.
Für die nicht-behinderten Kinder haben wir einen Computerkurs eingerichtet und sind der erste Ansprechpartner bei Sorgen und Problemen – da sich der Großteil der Kinder mitten in der Pubertät befindet gibt es davon zu jeder Zeit reichlich.
An dieser Stelle möchte ich unbedingt festhalten, dass uns die Heimleitung bei jedem unser Projekte bereitwillig und bedingungslos unterstützt. Generell scheint in Indien eine „Wir probieren das jetzt einfach und wenn es nicht klappt dann probieren wir einfach etwas anderes“ Mentalität vorzuherrschen die das Einbringen eigener Ideen gerade zu herausfordert.
Mein aktuelles Projekt ist der Newsletter, wobei bei einem monatlichen Umfang von etwa 30 Seiten eher der Name Newspaper gerechtfertigt wäre. Der Zweck des Newsletters ist es unsere Sponsoren, ehemaligen Freiwilligen und unseren Partner, den Verein Kinderlachen in Deutschland, auf dem Laufenden zu halten und damit die Beziehung zu diesen wichtigen Unterstützern zu vertiefen. Einen typischen Arbeitstag gibt es nicht. Da regelmäßige Veränderung ein wichtiger Bestandteil des indischen Lebensgefühls ist, weiß man morgens eigentlich nie was einen an dem Rest des Tages erwartet. Regelmäßíge Stromausfälle und unregelmäßig einsetzender Monsunregen tun ihr übriges um diesen Umstand zu verschärfen. Als kleine Tradition hat sich allerdings herausgebildet, dass wir Freitags und Sonntags mit den Kindern zum Strand und in dem Bengalischen Golf schwimmen gehen. Bei einem Fußweg von etwa 10 Minuten ist dies die schnellste und spaßigste Methode um unseren Kindern etwas Abwechslung vom schulischen Alltag anzubieten.
Das YeaH-Freiwilligen Team (jeweils ein Volunteer aus Polen, Italien, Rumänien und Deutschland) ist etwa 15 km vom BSH, nahe der bekannten Modellstadt Auroville, in einer Wohngemeinschaft untergebracht, Für uns bedeutet das, dass wir uns täglich, auf für uns angemieteten Scootern, durch den indischen Straßenverkehr kämpfen müssen. Wenn man sich erstmal an das Chaos und den Lärm gewöhnt hat, dann kann man diese obligatorischen Abenteuer aber durchaus auch genießen.
In meiner Freizeit lerne ich fleißig Französisch und lege demnächst meine ersten Delf Examen ab – mit der französischen Community die ein eigenes Viertel in der Innenstat bewohnt und der Alliance française de Pondichéry – einfach eine Gelegenheit die ich beim Schopf packen musste.
Viele Grüße aus Indien!
Dustin
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Hier nun Jonas‘ Bericht:
Einen schönen Guten Tag aus Uganda!
Ich lebe nun seit einem halben Jahr in der „Perle Afrikas“, wie Churchill Uganda einst bezeichnete (ich glaube in keinem anderen ostafrikanischen Land ist Churchill wegen diesem Ausspruch so berühmt wie in Uganda).
Uganda ist ein immergrünes und sehr schönes Land. Die Natur hat an Vielfältigkeit alles zu bieten was man sich vorstellen kann: Berge mit viel Schnee, Regenwald, riesige Flüsse wie den Nil, Steppen, Kakteenwälder, und und und..
Ich lebe mit vier anderen jungen Menschen aus Europa in einem kleinen Dorf im Osten des Landes, nah an der Grenze zu Kenia. Wir vier Freiwilligen verstehen uns ausgesprochen gut. Ich arbeite und lebe zusammen mit Ivona (29) aus Bukarest, mit Gabriele (28) aus Palermo und Lucas (20) aus Marseille. Obwohl wir ein sehr gemischter Haufen sind kommen wir gut miteinander klar und teilen Interessen. Das Leben auf dem Land kann schon eine Herausforderung sein. Es ist nahezu keine Infrastruktur vorhanden, kaufen kann man größtenteils nur was das Dorf selbst produziert, für alle größeren Einkäufe muss man also in die Stadt fahren, Wasser kommt aus dem Brunnen und das Stromnetz bricht bei jedem Regenschauer zusammen (da wir nur 60km weg vom Äquator sind, regnet es fast jeden Tag, man kann sich also vorstellen was das bedeutet).
Aber das Landleben hat auch seine Vorzüge. Ich muss schon sagen, Milch und Eier vom Nachbar zu bekommen und Früchte wie Ananas, Bananen, Mangos, Avocados, etc. vom Baum zu essen hat schon eine gewisse Romantik.
Die Menschen in Uganda haben uns von der ersten Sekunde an willkommen geheißen, alle sind total gastfreundlich und höflich. Die Menschen behandeln einen generell, vor allem auf dem Dorf, als etwas ganz Besonderes.
Man wird mit Eigenschaften wir Klugheit, Stärke, Hilfsbereitschaft und Schönheit in Verbindung gebracht. Alle wollen uns kennen lernen, immer ist man sich der vollen Aufmerksamkeit gewiss. Das ist echt problematisch. Es liegt vor allem an der komplizierten Beziehung zu den „Mzungus“, wie die Einheimischen die Weißen hier nennen. Zuerst sind diese als Kolonialherren gekommen und haben viel Leid mit sich gebracht. Heute kann vor allem Uganda nicht mehr ohne amerikanische und europäische Organisation existieren. Daraus ensteht eine Ambivalenz, es wird alles zerstört und dann alles wieder aufgebaut. Kein Wunder, dass die Meschen die Mzungus mit anderen Augen sehen.
Die Organisation für die ich arbeite, Auro Foundation, hat ihren Sitz in Kampala. Diese hatte die „Auro Technical School“ in meinem Dorf vor vier Jahren gegründet. Wir Freiwilligen sind der Verbindungspunkt zwischen der NGO in Kampala und den Lehrern vor Ort in „Pajwenda“.
Die Schule ist eine technische Oberschule die verschiedene Kurse anbietet, zum Beispiel Schneidern, Tischlern oder Maurern. Daneben gibt es Musik, Taekwondo, Englisch, Computer, Life and Business Skills, Character Development und verschiedene andere Unterrichtsstunden, die die Schüler auf das Leben vorbereiten soll. Die Kurse gehen für ein Jahr. Danach versuchen wir durch verschiedene Partnerschaften mit Unternehmen in der Umgebung Arbeitsplätze für die Schüler bereit zu stellen. Die Schule ist eine private, auf Spenden basierende Organisation, daher ist das Schulgeld gering und wir bieten ein freies Mittagessen für jeden Schüler an, was einmalig hier ist.
Unsere Aufgabe ist es kleine und größere Projekte zu planen und in der Realität durchzuführen. Daher spielt die Arbeit in der Administration eine große Rolle. Wir verwalten das Geld der Schule, registrieren und organisieren die Schüler und den Stundenplan und stellen sicher, dass die Schule genügend Essen für den Monat hat.
Die Aufgaben die wir derzeit übernehmen sind mit einer großen Verantwortung verbunden und in der Tat ist der Druck spürbar.
Seit gut zwei Monaten haben wir die Möglichkeit zu unterrichten. Die Volunteers kümmen sich um fast alle „Co-Curricular Subjects“. Da ist zum einen der Computer-Kurs (mit acht Laptops für 120 Schüler), der sich extrem großer Beliebtheit erfreut. Fast alle Schüler leben zu Hause ohne Stromanschluss und fließend Wasser, die Computer Technologie ist so wie ein Fenster in eine andere Welt.
Zum anderen unterrichten wir Business Skills, wo wir über simple Buchführung, Preiskalkulation, grundlegende Organisation und Ähnliches sprechen. Leider ist es eine Tatsache, dass nicht viele Schüler die Möglichkeit haben werden in die Stadt zu gehen und Arbeit zu finden. Die Mehrheit wird versuchen ihr eigenes kleines Geschäft zu eröffnen. Dafür brauchen sie ein Basiswissen, wie man so etwas am besten anfängt. Dann haben wir noch Fächer wie Geografie, Menschenrechte und Communication Skills, alles auf einfachen Niveu mit dem Ziel, ein anderen Blickwinkel auf das Leben zu ermöglichen.
Das Unterrichten macht mir großen Spaß, es ist super spannend mit den Schülern in ein Gespräch zu kommen und aus dem Alltag einer anderen Welt zu hören.
Das große Ziel der Schule in den nächsten Jahren ist selbstverwaltet und unabhäng zu werden. Wenn also von heute auf morgen niemand mehr in Europa Geld für meine Schule geben will, müssten sie die Schule schließen. Wir wollen mit verschiedenen Ideen versuchen das zu verhindern. So wurde im letzten Jahr beispielsweise eine Maismühle installiert, zu der Menschen aus der Umgebung kommen um ihren Mais zu mahlen. So kann die Schule etwas Geld verdienen und außerdem ihre die eigenen Essenskosten verringern, denn bei uns gibt es jeden Tag Mais.
Dann ist die Schule im Besitz von einigen Feldern, auf denen Gemüse geplanzt und geerntet wird. Solche und andere Projekte sollen in der Zukunft umgesetzt werden, damit die Schule einen kleinen Profit machen kann und so auch bei ausbleibenden Spendengeldern bestehen bleibt.
Doch nicht nur vom Geld, auch von der Hilfe der Freiwilligen soll die Schule unabhängig werden. Derzeit sind wir leider elementar für die Verwaltung der Schule, doch wir versuchen Schritt für Schritt diese Verantwortung zurück an die Lehrer zu geben.
Vor drei Monaten haben wir eine große Veranstaltungen geplant, den Graduation Day für die Schüler des letzten Jahres. Zur Verabschiedung der ehemaligen Schüler hatten wir 500 Gäste geladen – das war schon spannend.
Die Eltern und das Dorf waren sehr stolz auf die „graduated students“, denn für die gibt es nun eine Chance auf Arbeit in der Zukunft. Aber auch Politiker und hohe Officials sind gekommen, so konnte ich einige interessante Persönlichkeiten Ugandas kennen lernen. Wie es in der Region Brauch ist, sind die Eltern bei der Zeugnisverleihung aufgesprungen und haben ihre Hühner, Ziegen und Truthäne über die Köpfe der Schüler gewedelt, das soll Glück bringen. Ich weiß ja nicht. War auf jeden Fall sehr amüsant.
Wir planen schon für die nächste Veranstaltungen, ein „medical camp“ im Dezember. Vor allem auf den Land ist die Gesundheitsversorgung sehr schlecht, es gibt wenig Ärzte für zu viele Menschen. Auch ist eine gute Behandlung sehr teuer. Wir wollen Ärzte und Schwestern einladen, die die Menschen aus der Community für eine Woche kostenlos behandeln können. Hier in der Gegend gibt es nur Allgemein Ärzte, daher versuchen wir „Spezialisten“ zu bekommen: Frauenärzte, Zahnärzte, HNO, etc..
Im letzten Jahr sind zu diesem Camp über 2000 Menschen gekommen. Ich bin also gespannt.
Mein erster Eindruck von Uganda ist, dass in dem Land ein extremer Unterschied zwischen Moderne und Tradition, zwischen Stadt und Dorf Community existiert.
Kampala ist eine ostafrikanische Metropole, voll mit Autos, Shopping Malls und einem westlichen Konsumüberfluss. NGOs, Firmen und Touristen aus aller Welt treffen auf eine Millionenstadt, die wie viele andere Städte in Schwellenländern einen absurden Kontrast zwischen arm und reich in sich birgt. In den urbanen Räumen Ugandas sieht man eine breite, gebildete Mittelschicht. Viele haben in England oder den USA studiert.
Konträr dazu steht der ländliche Raum. Zwar bemerkt man einige Kindergärten und Grundschulen, doch es herrscht ein großer Mangel an weiterführenden Bildungsmöglichkeiten. Es gibt keine Industrie, keine Infrasturktur, dafür aber eine jahrhundertealte Agrarkultur. Mein Dorf ist nur vier Stunden von der Hauptstadt entfernt und doch denkt man, man betritt eine andere Welt mit 50 Jahren Entwicklungsunterschied.
Resultierend aus den Armutsverhältnissen, in denen die ostafrikanische Landbevölkerung zum großen Teil lebt, ensteht der Zwang zur selbstversorgenden Landwirtschaft. Kinder sind ein wesentlicher Bestandteil um die materielle und soziale Selbstversorgung der Familie aufrecht zu erhalten, man bekommt also Kinder, weil man sie braucht, nicht weil man sie möchte. Eine mit Europa vergleichbare „Kindheit“ gibt es durch die frühe Verantwortung nicht. Familien mit über zehn Kindern sind keine Seltenheit, die über Generationen an einem Ort leben. So enstehen nicht nur riesige Clans mit 100en Mitgliedern, sondern auch ethnisch extrem homogene und traditionelle Communities, die nur wenig Austausch mit anderen Regionen haben.
Ein Land was also vielfältiger nicht sein könnte, voller Widersprüche und Disparitäten.
In der Freizeit lernen wir seit eingen Wochen Kswahili, eine der größten Sprachen Ostafrikas und eine der wichtigsten Sprachen des Kontinents. Der arabische Sprachklang und die deutlich von den europäischen Sprachen abweichende Struktur, haben es mir angetan.
Zum Abschluss kann ich nur sagen, dass ich hoffe in den nächsten sechs Monaten so viel neues zu entdecken, wie ich in dem ersten halben Jahr gelernt habe.
Kwaheri!
Viele Grüße aus Uganda
Jonas